Neue Begriffe unserer Sprache
Sie stehen für das, was die Künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt und im privaten Bereich möglich macht. Industrie 4.0, Smart Engineering und Digitaler Zwilling verändern unser Leben nachhaltig. Behalten Sie aber im Hinterkopf, dass sich die smarten Geräte nach dem Eulenspiegel-Prinzip verhalten: Sie setzen Anweisungen „wortwörtlich“ um. Die Technische Dokumentation gewinnt dadurch einen ganz neuen Stellenwert. Welche Herausforderungen auf Technische Redakteure zukommen, klärt der nachfolgende Beitrag.
Smart Engineering – was ist das eigentlich?
Engineering umfasst die Entwicklung, Konstruktion und Herstellung technischer Objekte. Smart wird Engineering, wenn es dafür die Methoden und Werkzeuge der Informationstechnik verwendet und sich mit seinem Umfeld vernetzt. Die Vernetzung sorgt für einen schnellen Informationsaustauch zwischen allen Bereichen, die an der Entstehung und Nutzung eines Produktes beteiligt sind. Dazu gehören im Wesentlichen:
- Beschaffungsabteilung des Kunden (Auftragserteilung)
- Produktentwicklung (Konstruktion)
- Fertigungsvorbereitung (Produktionsplanung)
- Logistik (Materialbeschaffung, -lagerung und -verteilung)
- Fertigung (Herstellung der Produkte, Überprüfung der Funktionsfähigkeit)
- Versand (Vorbereitung der Produkte für den Transport zum Kunden)
- Infrastruktur (Energieversorgung, Instandhaltung, …)
- Verwaltung (Controlling, Buchhaltung)
- Support (Erfassung von Kundenerfahrungen)
Kommunikation und Interaktion laufen direkt zwischen den Teilprozessen ab. Dabei werden große Mengen von Informationen erfasst, gesammelt und miteinander verknüpft. Die Ergebnisse der Verknüpfungen (Berechnungen) entscheiden über den Start, den Verlauf und die Beendigung von einzelnen Prozessen. Zum Beispiel kann die Stückliste in Verbindung mit dem Auftragsvolumen Materialbestellungen auslösen.
Was macht der Mensch inzwischen?
Der Mensch löst den Gesamtprozess aus. Wenn er weiß, was er will, teilt er es dem System mit. Dafür stellt ihm das smart Engineering Schnittstellen zur Verfügung, das sogenannte HMI. HMI ist die Abkürzung für Human Machine Interface, zu deutsch Benutzerschnittstellen. Das sind die Stellen, an der der Mensch dem Produkt des smarten Engineerings seinen Willen aufzwingen und dem System Informationen entlocken kann. Beispiele für Benutzerschnittstellen sind Tastatur, Touchscreen, Lautsprecher oder Mikrofon.
Die Technische Dokumentation soll den Menschen in die Lage versetzen, seinen Willen maschinenverständlich kund zu tun und vorherzusehen, was passieren wird. Vor allem aber muss sie ihn davor bewahren, durch unerwartete Reaktionen des smarten Systems in die Klemme zu geraten. Außerdem liefert die Technische Dokumentation Hinweise darüber, wie das smart Engineering-Erzeugnis zu behandeln und zu pflegen ist.
Smart Engineering auf dem Weg in die Technische Dokumentation
Smart Engineering stellt die Technischen Redakteure vor die Herausforderung, die Systeme und ihre Wechselwirkungen zu verstehen und selbst smarte Systeme für die Bereitstellung von Informationen zu nutzen. Denn nur so können sie die Menschen mit dem erforderlichen Hinweisen für die Montage, Bedienung, Instandhaltung und Entsorgung ausstatten.
Neben den immer noch gesetzlich vorgeschriebenen Bedienungsanleitungen auf Papier sowie elektronisch bereitgestellten Anleitungen werden immer öfter smarte Geräte selbst mitteilen, was die Menschen tun müssen, um ihr Ziel zu erreichen. Stichwort: Bedienerführung. Anhand von Betriebszuständen, die das System selbst ermittelt, erhält der Nutzer einen Hinweis auf den nächsten Arbeitsschritt. Ähnlich funktioniert die Augmented Reality, die sich schon in vielen Bereichen der Technik etabliert hat.
Standardisierung und Modularisierung der Informationen
Um – wie es smart Engineering vorsieht – über Maschinen mit den Menschen kommunizieren zu können, müssen Technische Redakteure die Informationen in eine Form bringen, die die Maschinen verarbeiten können. Das setzt die Modularisierung der Informationen voraus, die auf der Grundlage von Standards erfolgt. Die Informationen bekommen Eigenschaften, anhand derer die Maschine auswählen kann, was sie wem wann mitteilt. Informationen müssen in sich geschlossen und voneinander unabhängig zur Verfügung stehen. Darüber hinaus muss ein gemeinsames Vokabular geschaffen werden, das branchenübergreifend verstanden und genutzt wird.
Das verändert die Technische Dokumentation grundlegend. Der Fließtext war gestern. Heute verlangt das Zerlegen der Informationen in versandfähige, abrufbare Pakete ein neues Herangehen an die Gestaltung von Texten und Bildern.
Datenverwaltung und Aktualisierung
Um zu garantieren, dass die Pakete immer mit dem richtigen Inhalt auf die Reise gehen, müssen die Daten gepflegt werden. Technische Redakteure brauchen Methoden, mit denen die Informationen ständig aktualisiert werden und die jeweils gültige Version zur Verfügung steht. Dabei sind Sicherungskonzepte erforderlich, mit denen gewährleistet wird, dass die Daten über den gesamten Zeitraum der Nutzung von zugeordneten Produkten erhalten und lesbar bleiben. Gerade smart Engineering sorgt ja dafür, dass sich die Informationstechnologie ständig weiterentwickelt.
Smart Engineering verlangt neue Kompetenzen
Die Anforderungen an Technische Redakteure wachsen ebenfalls durch smartes Engineering. Neben den klassischen Fähigkeiten brauchen sie
- einen genaueren Einblick in die Kenntnisse und Informationsbedürfnisse der Nutzer
- Kenntnisse auf den Gebieten digitales Content Management sowie Metadaten-Management für die Erarbeitung intelligenter Informationen
- Kompetenzen auf dem Gebiet der Informationstechnologie
- Wissen über die Anforderungen der Ausgabegeräte an die Informationen
- die Fähigkeit zum vernetzen Arbeiten
- betriebswirtschaftliches und strategisches Denken, um Digitalisierungsprojekte umzusetzen
Fazit: Die Technische Redaktion steht in der Verantwortung
Smart Engineering bereichert nicht nur unser Leben, sondern es verlangt auch einen verantwortungsvollen Umgang mit der neuen Technik. Die Technische Redaktion ist gefordert, den Nutzern das Wissen zu geben, um dieser Verantwortung gerecht zu werden. Neben den präzisen Anleitungen für die Montage, den Betrieb, die Instandhaltung und die Entsorgung der smarten Produkte, brauchen die Nutzer also auch einen Einblick in die Wirkungsweise des smarten Systems. Denn nicht alles ist vorhersehbar. Wenn Komponenten versagen oder andere Störungen auftreten, hilft nur die Kenntnis der Zusammenhänge weiter. Je weiter das smarte Engineering in private und gesellschaftliche Bereiche vordringt, desto gravierender wären die Folgen eines Systemausfalls.
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