Künstliche Intelligenz: Reden Sie noch oder machen Sie schon?

Künstliche Intelligenz verstehen

Künstliche Intelligenz (KI) kann Sie von Routinearbeiten entlasten und Freiräume für Ihre Kreativität schaffen. Sie haben garantiert schon viel über dieses Multifunktionswerkzeug gehört. Aber haben Sie es auch schon einmal als Angebot zur Arbeitserleichterung bei der Technischen Dokumentation wahrgenommen? Oder hegen Sie etwa den Verdacht, es könne sich verselbständigen und die Weltherrschaft übernehmen?

Was bedeutet Künstliche Intelligenz in der Technischen Dokumentation?

Künstlich bedeutet von Menschen gemacht. Intelligenz ist die Fähigkeit, Wissen zu erwerben und anzuwenden. Die Technische Dokumentation ist die Sammlung von Wissen, das für konkrete technische Anwendungen gebraucht wird. Der Begriff Sammlung steht hier gleichermaßen für den Prozess und für dessen Ergebnis.

Der größte Teil des Wissens in der Technischen Kommunikation ist in unserer Zeit digital gespeichert. Technische Zeichnungen, Berechnungen, Bilder, Stücklisten, Funktionsbeschreibungen und dergleichen werden am Computer erstellt. Dadurch lassen sie sich schnell ändern und weiterleiten. Oft werden sehr spezifische Einzelinformationen benötigt, die sich irgendwo in der großen Datenmenge befinden und es kann sehr mühsam sein, diese zu finden. Das ist die Stunde der Künstlichen Intelligenz – sie findet spielend leicht jeden gesuchten, noch so winzigen Informationsschnipsel, stellt diese zusammen, bietet Querverweise an und wertet das Ganze in Sekunden aus.

Den Startschuss bildet eine Frage, das Ziel ist die Antwort. Intelligent ist die Fähigkeit, die Antwort situationsgerecht und auf den Anfragenden zugeschnitten zu liefern.

Wie geht Künstliche Intelligenz überhaupt?

Vorstellung Künstliche Intelligenz
Unsere Vorstellung von künstlicher Intelligenz
entspricht oft nicht der Realität.
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Versuchen wir einmal, künstlich und Intelligenz in einen Zusammenhang zu bringen. Ein Bindeglied fehlt noch: Intelligenz kann man nicht machen. Der Mensch kann etwas machen, was intelligent ist. Da fällt uns spontan unser Nachwuchs ein. Der ist allerdings natürlich. 😉 Spaß beiseite, die Intelligenz der von Menschen gemachten Maschinen beruht einzig und allein auf der Fähigkeit,

  • sich beliebig lange Kolonnen von Nullen und Einsen zu merken (speichern),
  • diese stückweise logisch miteinander zu verknüpfen (Programm abarbeiten),
  • sich die Ergebnisse zu merken und
  • sie situationsbedingt zur Steuerung von Hardware einzusetzen.

Was für eine Wirkung, die ein Zeichen für „Nichts“ ausübt! Künstliche Intelligenz unterscheidet sich von konventioneller Datenverarbeitung dadurch, dass technische Geräte (z.B. Sensoren, Scanner, Kameras) den Großteil der Zahlenkolonnen bereitstellen und dass die Ergebnisse andere technische Geräte (z.B. Motoren, Monitore, Lautsprecher) steuern. Außerdem enthalten die Programme für Künstliche Intelligenz unsagbar viel mehr „Wenn – Dann“ Funktionen. Fehlt eine benötigte „Wenn – Dann“ Funktion, kann die Künstliche Intelligenz etwas ausprobieren, die Reaktionen prüfen und eine neue Funktion speichern. Dieser Vorgang heißt lernen. Allerdings muss die Künstliche Intelligenz für den Wissenszuwachs vorprogrammiert sein. Erst dann verdient sie ihren Namen zu Recht.

Wie hilft die Künstliche Intelligenz der Technischen Dokumentation?

Die Künstliche Intelligenz hilft bei der Datenerfassung, bei der Informationserstellung (Workflow) und bei der Informationsbereitstellung. Ohne weiteres Zutun der Menschen können Daten aus den unterschiedlichsten Quellen zusammengeführt und genutzt werden. Technische Redakteure brauchen die Quellen nur auszusuchen. Dabei kann es sich um Bilderfassungssysteme, CAD-Datensysteme, gespeicherte Dokumente oder andere gespeicherte Daten handeln.

Technische Redakteure wandeln die Daten in Informationen um. Eine Information ist die Beseitigung einer Ungewissheit. Die Künstliche Intelligenz muss erst noch lernen, mit Ungewissheiten fertig zu werden – das ist fraglich, ob sie das je können wird. Aber sie kann die Arbeitsabläufe steuern, die vorhandene Daten und mögliche Ungewissheiten zusammenbringen.

Die Informationsbereitstellung gelingt der künstlichen Intelligenz hervorragend, wenn sie mit den notwendigen Entscheidungskriterien „gefüttert“ wurde. An dieser Stelle besteht die Möglichkeit, dass sie dazulernt. Fehlt ein Entscheidungskriterium, kann sie solange Daten liefern, bis der Fragesteller zufrieden ist und das signalisiert. Wenn er nur nicht mehr nachfragt, kann das auch andere Gründe haben. Nach dem Signal kann sie die letzten Daten als Information werten und sich das zugrundeliegende Entscheidungskriterium merken.

Einige Leute nennen es künstliche Intelligenz, aber in Wirklichkeit wird uns diese Technologie verbessern. Ich denke also, dass wir statt künstlicher Intelligenz unsere Intelligenz erweitern werden.Ginni Rometty, CEO und Präsidentin von IBM

Firmenübergreifender Einsatz der Künstlichen Intelligenz

Damit die intelligente Bereitstellung von Informationen auch firmenübergreifend funktioniert, wurde der iiRDS entwickelt. Das ist die Abkürzung für intelligent information Request and Delivery Standard. Um Informationen intelligent anfordern und liefern zu können, wurden darin

  • ein Vokabular für die Eigenschaften der Informationen (Metadaten)
  • ein Paketformat für den Informationsaustausch zwischen unterschiedlichen Anwendungen
  • eine Erläuterung für den Aufbau von Metadatenmodell und Paketformat

fest vereinbart.

Wie lässt sich die Künstliche Intelligenz in Ihrer Firma umsetzen?

Wollen Sie die Künstliche Intelligenz für die Technische Dokumentation in Ihrer Firma nutzen, brauchen Sie zunächst eine Software, die für Ihren Geschäftszweck und Ihre Organisation geeignet ist. Die Software wird intelligent, wenn sie mit allen erforderlichen Daten ausgestattet wird. Das bedeutet einen ziemlich hohen Aufwand an Zeit, Kräften und Mitteln. Erst, wenn das geschafft ist, bringt die Künstliche Intelligenz Nutzen. Der Nutzen hält an, solange die Hard- und Software ausreichend gepflegt werden. Das bindet dauerhaft Zeit, Kräfte und Mittel.

Der Aufwand hält viele Firmen davon ab, sich für die die Nutzung der vielen intelligenten und digitalen Möglichkeiten, die in der Technischen Dokumentation bereits existieren, zu entscheiden. Herkömmliche Programme für Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Datenbankverwaltung und Bildbearbeitung haben sich etabliert und bewährt. Es gehört Überwindung dazu, etwas Funktionierendes durch etwas Neues zu ersetzen. Besonders dann, wenn man den Nutzen und die Risiken des Neuen nicht einschätzen kann.

Allen geschäftlichen Aktivitäten liegt eine Kalkulation zugrunde, die Aufwand und Nutzen gegenüberstellt. Andernfalls kommen die geschäftlichen Aktivitäten bald zum Erliegen. Ist der Aufwand sehr hoch und der Nutzen schwer kalkulierbar, fällt die Entscheidung oft gegen das Projekt aus. Die Künstliche Intelligenz wird sich in der Technischen Dokumentation durchsetzen, wenn der Nutzen deutlich erkennbar ist und die Kosten übersteigt.

Wie geht das weiter?

Überlegen wir: Die erste deutsche Eisenbahnlinie verlief 1835 von Nürnberg nach Fürth. Die Geschwindigkeit der Züge war auf 40 km/h begrenzt, weil man höhere Geschwindigkeiten als lebensbedrohlich einstufte … Aber wir wissen ja, wie die weitere Entwicklung verlief.

Wird Künstliche Intelligenz heute in der Technischen Kommunikation genutzt, so profitieren Firmen, die erfolgreich damit arbeiten von ihrem Einsatz, sammeln Erfahrungen und bringen Verbesserungen ein. Nach und nach spricht sich der Erfolg herum und weitere Unternehmen springen auf den Zug auf. Auf diese Weise kommt mit der Zeit ein digitales „Streckennetz“ zustande, das immer dichter wird. Der Erfolg und die Verbreitung von KI sind sicherlich nicht aufzuhalten. Das bedeutet aber nicht, dass in der Zukunft für die Technische Dokumentation keine Redakteure mehr gebraucht werden. Im Gegenteil! Modularisierung, Strukturierung, Zielgruppenorientierung und Metadaten werden dann wichtiger denn je sein. Ohne diese Vorarbeit kann eine Künstliche Intelligenz vorliegende Informationen nicht sinnvoll nutzen, an der Stelle wird nach wie vor die „Hirnleistung“ der Technischen Redakteure nötig sein.

Bild oben: Alex Knight / Pexels

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