Die User Journey in der Technischen Dokumentation

Wie gut ist die Technische Dokumentation in Ihrem Unternehmen? Woher wissen Sie, ob Ihre Montage- oder Gebrauchsanleitungen verständlich sind und den Anwendern wirklich helfen? Wie finden Sie heraus, welche Schwachstellen es gibt? Und wo Verbesserungen möglich sind? Die Antwort auf diese Fragen kann Ihnen eine User Journey geben. Worum es sich dabei handelt, wie Sie Ihre eigene User Journey erstellen und welche Vorteile sie bietet, erklären wir Ihnen im nachfolgenden Beitrag.

Was ist eine User Journey?

User Journey heißt übersetzt so viel wie Nutzer- oder Anwenderreise. Um den Begriff genauer zu klären, müssen wir uns zunächst auf eine andere Reise begeben, nämlich die des Kunden, die sogenannte Customer Journey. Dieser Begriff kommt ursprünglich aus dem E-Commerce und beschreibt die Reise eines Kunden vom ersten Berührungspunkt bis hin zu einer definierten Handlung, etwa dem Kauf eines Produktes oder dem Besuch einer Webseite.

Die Customer Journey zeigt Unternehmen, wie sie sich an jeder Station der Kundenreise als relevanter Ansprechpartner ins Spiel bringen können:

  • zur Bereitstellung relevanter Informationen über das Produkt und
  • zur Kommunikation mit dem Kunden, um mögliche Fragen dazu zu klären.
User Journey Map erstellen

Gestaltet ein Unternehmen die Customer Journey für seine Kunden durch verschiedene Inhalte, Medien, Formate und Kanäle so angenehm wie möglich, steigert dies die Zahl seiner Verkäufe.

Gewiss, die Technische Dokumentation möchte nichts verkaufen, sondern ihre Anwender fehlerfrei durch die Montage und Bedienung von Anlagen, Maschinen oder anderen Produkten leiten. Aber die Methodik, mit der sie dies erreicht, die sogenannte User Journey, ist sehr nah an die Customer Journey angelehnt. Schauen wir uns dies genauer an!

Wie sieht die User Journey in der Technischen Dokumentation aus?

Um eine User Journey für die Technische Dokumentation zu erstellen, bietet sich eine sogenannte User Journey Map an. Sie ist eine äußerst nützliche Methode, um die Erfahrungen von Anwendern zu verstehen und zu verbessern.

Sie wird sie im Allgemeinen als eine Zeitleiste aller Berührungspunkte zwischen einem Benutzer und einem Produkt dargestellt. Diese Zeitleiste enthält Informationen über alle Kanäle, die Anwender zur Interaktion mit einem Produkt nutzen. Sie zeigt mögliche Fragen und Probleme in allen Prozessschritten auf und gibt dadurch Hilfestellungen bei der Optimierung der Technischen Dokumentation.

Beispiel für eine User Journey Map zur Wartung (Klick vergrößert das Bild):

user journey technische doku wartungsanleitung

Warum brauche ich eine User Journey Map?

  • Sie visualisiert, wie ein Benutzer mit einem Produkt, einer Maschine oder Anlage interagiert und ermöglicht damit einen Perspektivwechsel vom Hersteller zum Anwender.
  • Dies fördert einen nutzerzentrierteren Ansatz beim Verfassen von Bedienungs- oder Montageanleitungen, was letztlich zu einer besseren Benutzererfahrung führt, das Arbeiten an der Maschine erleichtert und Fehlerquellen reduziert.
  • Sie hilft dem Hersteller, die Antwort auf verschiedene „Was wäre, wenn…?“-Fragen zu finden und daraus Hypothesen abzuleiten, wann welche Medien zum Einsatz kommen müssen, um den Anwender ohne Unterbrechungen durch einen Anlagenprozess zu leiten.

Wie erstelle ich eine User Journey Map für die Technische Dokumentation?

Die nachfolgenden sechs Schritte zeigen auf, wie Sie am besten beim Erstellen einer User Journey Map vorgehen:

1. Bereich der User Journey auswählen, Prozessschritte erstellen

Bestimmen Sie zunächst den Bereich, um den es in der Map gehen soll. Eine User Journey können Sie für einen übergeordneten Bereich erstellen, der die gesamte Erfahrung eines Anwenders mit einer Maschine zeigt. Oder aber Sie bilden nur einen detaillierten Ausschnitt einer bestimmten Interaktion ab, zum Beispiel die Wartung einer Maschine oder Anlage. Gliedern Sie diesen Bereich nun in einzelne Prozessschritte. Ein tabellarischer Aufbau hilft, den Überblick zu behalten.

2. Zielgruppen zuordnen und charakterisieren

Wer sind die Benutzer im Prozess, also Ihre Zielgruppen? Welche Aufgaben übernehmen sie? Und welche Vorkenntnisse haben sie? Um beim vorangegangenen Beispiel zu bleiben: Wer ist alles an der Wartung der Anlage beteiligt? Ordnen Sie die Benutzergruppen Ihren Prozessen zu und belegen Sie sie mit sehr konkreten charakteristischen Merkmalen. So können Sie sich besser in jede einzelne Anwendergruppe hineinversetzen und die richtige Ansprache wählen.

3. Erwartungen der Benutzer benennen, Ziele und Aufgaben festlegen

Listen Sie nun alle Aufgaben auf, die die Zielgruppen in jedem einzelnen Prozessschritt der Wartung einer Anlage oder Maschine erledigen müssen. Versuchen Sie auch zu definieren, welche Erwartungen eine Benutzergruppe an die Interaktion währenddessen hat.

4. User Journey skizzieren, Schlüsselfragen ermitteln

Zielgruppen definieren

Jetzt geht es ans Eingemachte! Stellen Sie alle Informationen zusammen, die Sie haben, und skizzieren Sie die User Journey. Arbeiten Sie sich Schritt für Schritt durch die Anweisungen, die Ihre Zielgruppe bei der Wartung beachten müssen. Funktioniert alles reibungslos? Oder treten Fragen, Probleme oder unvorhergesehene Herausforderungen auf? An welchen Punkten kommen die Anwender nicht weiter? Wo fehlen zusätzliche Informationen oder die Möglichkeit einer Interaktion mit dem Service?

Es ist durchaus denkbar, dass sich für die einzelnen Anwendergruppen verschiedene Schlüsselfragen ergeben. Daher kann es hilfreich sein, für jede Zielgruppe eine eigene User Journey zu erstellen. Berücksichtigen Sie auch den emotionalen Zustand eines Benutzers während jedes Interaktionsschrittes. Ist er zufrieden, frustriert, verzweifelt? Notieren Sie alles, was Ihnen auffällt.

5. Medien und Formate der User Journey zuordnen

Überlegen Sie nun, welche Medien und Formate Sie an den wichtigen Berührungspunkten einbinden, an denen Fragen entstehen. Damit gestalten Sie die User Journey für jeden einzelnen Anwender so intuitiv wie möglich und reichern die Technische Dokumentation zusätzlich an. Arbeiten Sie bisher nur mit analogen Medien, müssen Ihre Zielgruppen möglicherweise zeitaufwändig in verschiedenen Technischen Dokumenten recherchieren, um ihr Problem zu lösen. Zudem können Sie nur schwer ablesen, ob und in welchem Umfang Ihre Dokumentation genutzt wird und ob die darin erfassten Inhalte tatsächlich hilfreich sind.

Viel aussagekräftiger sind dagegen digitale Inhalte, die immer und überall für jeden zugänglich sind. Darüber hinaus ermöglichen sie, Nutzerdaten zu analysieren und die Technische Dokumentation dahingehend zu optimieren. Zu den digitalen Medien zählen etwa Apps, Chatbots, die Verknüpfung mit dem Kundendienst oder ein eigenes Anwenderforum, in dem sich die Benutzer austauschen können und das über die Zeit zu einem Fundus verschiedenster Fragestellungen werden kann. Denkbar sind auch Online-FAQ, Video-Anleitungen, interaktive Grafiken und Handbücher oder Augmented Reality.

6. Monitoring, Auswertung und Optimierung der User Journey

Die beste Datensammlung nützt nichts, wenn sie nicht auch analysiert wird. Daher gilt es im letzten Schritt, alle Aufzeichnungen auszuwerten und Lösungen daraus abzuleiten. Wichtige Fragen, die Sie mithilfe der gesammelten Daten beantworten sollten, sind unter anderem:

  • Welche Suchanfragen stellen die Anwender?
  • Sind die Ergebnisse hilfreich?
  • Welche Inhalte werden tatsächlich genutzt und welche sind redundant?
  • Wie schnell finden Anwender Antworten auf ihre Probleme?
  • Wie lange sind sie bereit zu suchen?
  • Wo kommen sie nicht weiter?
  • Welche Möglichkeiten der Hilfe bekommen sie?
  • Reichen diese aus?
  • Welche neuen Medien und Formate können eingesetzt werden?

Fazit:

Die Digitalisierung bedeutet für die Technische Dokumentation eines Unternehmens sicher an vielen Stellen Neuland. Doch auf lange Sicht wird sie die Fehlerquoten in Anlagen minimieren, die Sicherheit erhöhen, Prozesse vereinfachen und so die User Journey jedes einzelnen Anwenders verbessern.

Bildquellen: Pixabay, Docuneers

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