Der Standard iiRDS hält Einzug in die Technische Dokumentation. Die zunehmende Automatisierung der Produktion in allen Wirtschaftszweigen verlangt nach intelligent bereitgestellten Informationen. Wenn sich zum Beispiel Satellit und Mähdrescher verstehen, möchte der Landwirt Schritt halten. Hat er eine konkrete Frage, braucht er eine konkrete Antwort, und das schnell. Mit einer elektronischen Technischen Dokumentation auf Basis dieses Standards bekommt er sie sofort.
Was leistet der Standard?
Moderne Produkte entstehen heute selten aus einer Hand, sie sind das Werk vieler Akteure. Doch damit kann es schnell verwirrend werden. Denn jeder Akteur stellt für seinen Beitrag eine eigene Technische Dokumentation zur Verfügung, um dem Nutzer die korrekte und sichere Verwendung zu ermöglichen. Kommen viele Informationen von verschiedenen Parteien zusammen, stellt sich die Frage, ob der Endkunde das fertige Erzeugnis auch tatsächlich versteht. Er braucht klare Vorgaben, die auf seine Bedürfnisse zugeschnitten sind – und dies kann am besten gelingen, wenn der Hersteller die Bereitstellung von Informationen standardisiert. So kann er die Daten seiner Zulieferer – etwa für die Montage, den Betrieb und die Instandhaltung – ohne großen Aufwand in die eigene Technische Dokumentation übernehmen und seinen Nutzern ganz gezielt anbieten.
Woher stammt iiRDS?
Für eine reibungslose technische Verständigung innerhalb von Unternehmen und mit Kunden macht sich die tekom stark. Als Gesellschaft für Technische Kommunikation e. V. und Mitglied der European Association for Technical Communication (tekom Europe) ist diese Organisation daher an der Entwicklung des iiRDS beteiligt. Die Idee, die Bereitstellung von Informationen für die Anforderungen der Industrie 4.0 fit zu machen, entstand 2016.
2018 gründete sich das iiRDS-Konsortium. Darin haben sich Industrieunternehmen, Dienstleister und Verbände zusammengeschlossen, um den Standard aufzubauen, kontinuierlich weiterzuentwickeln und zu verbessern. Die Methode ist im Begriff, sich system- und branchenübergreifend durchzusetzen und die Technische Kommunikation zu revolutionieren.
Wie funktioniert der Standard?
Die Grundidee des Standards beruht auf der modularen Zusammenstellung der einzelnen Informationen und ihrer Verknüpfung mit Metadaten. Letztere werden dem Nutzer nicht angezeigt und dienen lediglich dazu, die Daten zweckentsprechend zur Verfügung zu stellen.
Anforderungen an die Inhalte
Die Informationen selbst sind in sich geschlossene Antworten auf genau eine einzelne Frage, beispielsweise
- Wie wechsle ich das Werkzeug?
- Wo ist die Ölablassschraube?
- Wie lege ich Material nach?
- Wie beseitige ich die Störung?
Daraus ergibt sich die geeignete Informationsart. Braucht der Nutzer zum Beispiel
- eine Anleitung zum Handeln
- die Beschreibung der Funktionsweise
- die Erklärung zu einem Maschinenelement oder
- einen Hinweis zur Anordnung von Bedienelementen?
Der Inhalt und die Tiefe der Information müssen auf den Nutzer zugeschnitten sein.
- Welcher Zielgruppe gehört er an?
- Welche Erwartungen hat er an die Information?
- Wie vertraut ist er mit dem Thema?
- Welche Lesegewohnheiten hat er?
Alle Informationen kommen „lose“ in ein Paket, einen Zip-Container. Das Paket enthält neben diesen Inhalten auch Metadaten, die beim Aussuchen und Auspacken helfen.
Anforderungen an die Metadaten
Die Metadaten sind der Schlüssel für die Arbeitsweise des iiRDS. Das Zauberwort, auf dem alles beruht, heißt Taxonomie. Die Eigenschaften der Informationen werden in ein hierarchisches System eingeordnet. Das iiRDS nutzt dafür die PI-Klassifikation, die Eigenschaften der technischen Daten zum Produkt (P) und zur Information (I) in eine einheitliche Rangfolge bringt. Über die Metadaten lassen sich die benötigten Inhalte beliebig miteinander kombinieren.
Die Metadaten übermitteln dem System
- die Informationsart (z.B. Funktionsbeschreibung, Wartungsanleitung)
- die Zuordnung zum Produkt (z.B. Produktvariante, Merkmale, Komponente)
- die Zuordnung von Funktionen (z.B. Zielgruppenauswahl, Ereignisauswahl, Auswahl von Hilfsmitteln)
- die Informationsverwaltung (z.B. Produktidentifikation, Verantwortlichkeit) und
- die Orientierung in den Verzeichnisstrukturen
Der iiRDS legt für die Erarbeitung der Metadaten ein einheitliches Vokabular und das Dateiformat RDF fest. Auf diese Weise werden die Daten branchenübergreifend nutzbar. Der Hersteller eines Erzeugnisses kann für seinen Kunden ein individuelles Informationspaket mit der Technischen Dokumentation „packen“ und der Kunde kann sich in jeder Situation die benötigten Informationen „herausholen“.
Wie Sie Ihre Technische Dokumentation für iiRDS verfügbar machen
Der Standard liefert das Vokabular für die Metadaten, das Paketformat für den Informationsaustausch und die Erklärung für den Aufbau des Metadatenmodells und der Paketformate. Wollen Sie die Vorteile des iiRDS für Ihre Technische Dokumentation nutzen, müssen Sie zunächst die Informationen in Form von Textbausteinen, Tabellen oder Grafiken erstellen, klassifizieren und mit Metadaten versehen.
Ein iiRDS-Generator überführt die Informationen und deren Metadaten in das Austauschpaket, das Sie an den Kunden weitergeben können. Die Nutzung der Informationen erfolgt über einen iiRDS-Consumer, der die Daten importiert und für den Anwender aufbereitet.
Vorteile durch iiRDS im Überblick
Die hohe Verfügbarkeit und die vielfältigen Möglichkeiten der unterschiedlichen elektronischen Endgeräte erlauben die gezielte, auf den Einsatzzweck bezogene Bereitstellung von Instruktionen, Hinweisen und Erläuterungen. Die Vorteile für Sie als Nutzer liegen auf der Hand:
- Ersparnis von Zeit und Kosten bei der Suche nach Informationen
- ständige Verfügbarkeit auf mobilen Kommunikationsgeräten
- auf den Nutzer zugeschnittene Aufbereitung der Daten
- interaktive Führung von Handlungsabläufen
Als Hersteller verschaffen Sie sich durch diesen Service einen deutlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber Mitbewerbern, die ihre Informationen konventionell zu Verfügung stellen. Außerdem gelingt Ihnen die Integration der Technischen Dokumentationen von Zulieferern in Ihr System schneller und leichter.
Stellen Sie auf der Basis von iiRDS erarbeitete Sammlungen von Informationen ins Netz, erhöht sich Ihre Sichtbarkeit auf dem Markt. In der Dokumentation werden automatisch Fragen von Personen beantwortet, die noch nicht zu Ihrem Kundenkreis zählen, sich aber für technische Details zu Ihren Produkten interessieren. Ein hilfreicher Treffer auf Ihrer Internetseite könnte das Startsignal für einen Auftrag werden.
Zukunft der Technischen Dokumentation
Der Ersatz von kompletten Handbüchern auf Papier oder als PDF durch intelligente Informationen wird sich mehr und mehr durchsetzen. Intelligent ist dabei vor allem die Art und Weise, wie der Nutzer auf die Daten zugreifen kann.
Das iiRDS-Konsortium entwickelt den Standard laufend weiter. Zurzeit läuft eine Kooperation mit dem VDI 2770-Richtlinienausschuss. Im Ergebnis werden der Standard über die digitalen Herstellerinformationen für die Prozessindustrie und der iiRDS miteinander kompatibel sein. iiRDS hebt die Industrie 4.0 damit auf ein neues Level, das die Zukunft der Technischen Dokumentation maßgeblich mibestimmt.
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