Schriftarten für die Doku richtig auswählen

Eine gute Betriebs- oder Wartungsanleitung glänzt damit, dass sie für jede Situation die richtigen Infos bereithält und den Anwender sicher durch komplexe Prozesse führt. Dazu zählt auch, dass das Dokument unter allen Bedingungen gut lesbar ist und es nicht zu Missverständnissen kommt. Die Auswahl gut lesbarer Schriftarten hat also einen maßgeblichen Einfluss auf die Nutzererfahrung, doch woran erkenne ich, welche Schriftarten sich für diese Aufgabenstellung eignen?

Sieht doch schön aus, oder?

Eine Schriftart soll auch gut aussehen, das ist vollkommen richtig, denn sie vermittelt unterschwellig, wie sich ein Unternehmen selbst positioniert und betrachtet. Ein junges Start-up nutzt für seine Webseitentexte eher eine moderne, schnörkellose Schrift. Bei der etablierten Anwaltskanzlei finden wir mit Sicherheit eher eine klassische, konservative Schrift.

Auch Betriebsanleitungen oder Sicherheitshandbücher vermitteln die Professionalität und Kundenorientierung eines Unternehmens, die Schriftart ist dazu allerdings nicht das richtige Werkzeug. Hier geht um Lesbarkeit, Verständlichkeit und Aufmerksamkeitssteuerung.

Worin unterscheiden sich Schriftarten?

Viele verschiedene Merkmale bestimmen über Einsatzbereich und Lesbarkeit einer Schrift. Für die Technische Dokumentation gibt es einige besonders wichtige Punkte, die wir in diesem Beitrag genauer beleuchten werden.

  • Der Schriftschnitt
  • Die Serifen
  • Der passende Zeichenumfang
  • Das richtige Lizenzmodell

Flexibilität durch Schriftschnitte

Alle Schriftschnitte der Schriftart Spectral

Der Schriftschnitt beinhaltet mehrere Faktoren einer Schrift, dazu zählen die Strichstärke, die Schriftbreite oder auch die Schriftlage. Ein großer Vorteil beim Einsatz einer Schriftart mit zahlreichen Schnitten ist, dass diese aufeinander abgestimmt sind und sich zum Beispiel Hervorhebungen sehr viel besser gestalten lassen. Auf veränderte Schriftfarben oder -größen kann in vielen Fällen somit verzichtet werden.

Ein Pluspunkt beim Einsatz einer Schriftart mit zahlreichen Schnitten ist, dass diese aufeinander abgestimmt sind und sich zum Beispiel Hervorhebungen sehr viel besser gestalten lassen. Auf veränderte Schriftfarben oder -größen kann in vielen Fällen somit verzichtet werden.

Tipp!
Eine Schriftart, die über mehrere Schriftschnitte verfügt, ist eine sehr flexible Basis und erspart die Suche nach weiteren Schriftarten.

Schriftarten mit und ohne Serifen

Serifen am Beispiel der Schriftart Times New Roman

Das französische Wort serif heißt übersetzt Füßchen und das beschreibt es schon ganz gut. Serifen sind Anfangs- bzw. Endstriche an Buchstaben und verleihen einer Schrift oft einen klassischen Charakter, beispielsweise die Schriftart Times New Roman. Sie haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Lesbarkeit von Texten, da Serifen unser Auge wie auf Schienen durch das Dokument führen. Damit wäre ja klar, welcher Schriftschnitt für eine Betriebsanleitung Sinn ergibt, oder? Weit gefehlt!

Technische Dokumentation wird heute gleichermaßen an Bildschirmen sowie in gedruckter Form gelesen. Während eine Serienschrift auf Papier gedruckt sein volles Potenzial entfalten kann, kommt es auf digitalen Endgeräten schnell zu Problemen. Besonders bei einer geringen Auflösung können die einzelnen Pixel eines Displays die Serifen nicht mehr sauber darstellen, verschwommene oder pixelige Buchstaben sind die Folge. Der Text wird unscharf und die eigentlich positiven Eigenschaften der Endstriche verwandeln sich ins Gegenteil. Insbesondere kleine Schriftgrößen verstärken den Effekt.

Oft verhindert allein schon das eigene CMS oder DTP-Programm eine konsequente Unterscheidung zwischen gedruckter und digitaler Publikation. Hier sind Schriftarten gefragt, die einen guten Kompromiss darstellen.

Unsere Empfehlungen:

Schriftart Verdana

Verdana von Microsoft

Beliebt aufgrund ihrer markanten Buchstabenformen, die z.B. das Verwechseln von Buchstaben erschwert. Von Matthew Carter für Microsoft entwickelt, eignet sich Verdana sehr gut für Websites und digitale Dokumente und macht auch gedruckt eine gute Figur.

Schriftart Lato

Lato von Łukasz Dziedzic

Lato ist eine Google-Schriftart, die für das Web entwickelt wurde. Ihre halbrunden und trotzdem markanten Buchstaben haben eine freundliche, aber gleichzeitig professionelle Ausstrahlung und machen sie zu einer jederzeit sehr gut lesbaren Schrift.

Schriftart Spectral

Spectral von Production Type

Spectral ist ein Allrounder für den Einsatz in digitalen und gedruckten Dokumenten. Die Serifenschrift wurde in erster Linie für den Bildschirmeinsatz konzipiert und stellt dadurch einen guten Mittelweg dar.

Unterschiedliche Laufweiten

Der Abstand zwischen den einzelnen Zeichen eines Wortes ist die Laufweite. Besonders bei kleinen Schriftgrößen hilft eine große Laufweite die Buchstaben zu unterscheiden. Große Schriftgrößen hingegen vertragen durchaus eine geringere Laufweite, das verdeutlicht den Wortzusammenhang und spart Platz. Besonders bei Überschriften lohnt es sich, den Zeichenabstand etwas zu verringern.

Tipp!
Gesperrte Texte, also Hervorhebungen durch übergroße Laufweiten sind nicht mehr zeitgemäß und erschweren massiv die L e s b a r k e i t !

Anforderungen in der Technischen Dokumentation

Lesbarkeit in allen Schriftgrößen

Betriebsanleitungen oder Sicherheitshandbücher müssen auch bei sehr kleinen Schriftgrößen noch lesbar sein. Das gilt gleichermaßen für digitale Dokumente wie für die ausgedruckte Variante. Jedoch gerade auf Tablets und Smartphones können die Anwender extrem vergrößern oder verkleinern, was einer Schriftart einiges abverlangt. Sehr kleine Schriftgrößen werden schnell pixelig oder unleserlich, eine starke Vergrößerung führt je nach Font zu unscharfen Rändern.

Bei Druckerzeugnissen haben Sie etwas mehr Kontrolle darüber, in welchen Größen der Text gelesen wird. Die richtige Darstellung auf Bildschirmen verlangt in diesem Fall deutlich mehr Aufmerksamkeit.

Wählen Sie daher eine Schriftart mit möglichst vielen Schriftschnitten, die verschiedenen Strichstärken helfen, den Text in jeder Situation leserlich zu halten. Besonders systemeigene Schriftarten verfügen leider nur über eine sehr eingeschränkte Zahl an Schnitten, wie z.B. die mit Windows ausgelieferte Schrift Calibri.

Zeichenumfang

Eine möglichst große Anzahl an Glyphen (Zeichen) ist das A und O für eine Schriftart in der Technischen Dokumentation. Beispielsweise benötigen wir für die technischen Daten einer Anlage eine Vielzahl an Einheiten, die mit dem entsprechenden Zeichen versehen werden. Kann eine Schriftart diese Zeichen nicht darstellen, führt das im schlimmsten Fall zu Missverständnissen mit gravierenden Folgen.

Achten Sie deshalb darauf, dass die Schriftart Ihrer Wahl die in Ihren Anleitungen vorkommenden Zeichen beinhaltet.

Ziffern

Ein weiteres Thema, das den meisten jedoch nicht bewusst sein dürfte, ist die Darstellung von Ziffern. Grundsätzlich wird zwischen Normalziffern (Versalziffern bzw. Majuskelziffern) und sogenannten Mediävalziffern (auch Minuskelziffern genannt) unterschieden.

Mediävalziffern besitzen, ähnlich wie Kleinbuchstaben, eine Ober- und Unterlänge und fügen sich damit besser in das Textbild ein und tragen so zu einer besseren Lesbarkeit bei. Normalziffern hingegen bleiben konsequent auf der Grundlinie der Schrift und haben die gleiche Höhe wie Großbuchstaben. Normalziffern kommen immer dann zum Einsatz, wenn Zahlen außerhalb des Fließtextes stehen, zum Beispiel in einer Tabelle oder auch als Seitenzahlen.

Unterschiedliche Ziffern von Schriftarten

Hinweise und Anmerkungen hervorheben

Technische Redakteure sind in der Regel sehr um die Sicherheit der Anwender bemüht und geben Ihr Bestes, auf alle Eventualitäten und Gefahren hinzuweisen. Nicht selten durch kreative Hervorhebungen und Auszeichnungen, frei nach dem Motto „Viel hilft viel“. Spätestens seit dem Buch Warn out von Dietrich Juhl wissen wir, dass die sogenannte „Warning Pollution“ mehr Probleme schafft als löst.

Hervorhebungen in Betriebsanleitungen müssen sparsam und subtil eingesetzt werden. Abhängig von Schriftart und Publikation können einige Faustregeln dabei helfen.

  • Mit kursiv ist eine zurückhaltendere Auszeichnung von Text grundsätzlich möglich. Auf Bildschirmen ist diese allerdings oft nur schwer lesbar, dort lieber auf fett ausweichen. Auch hier gilt, lieber wenige Worte als ganze Absätze markieren.
  • Versalien und Kapitälchen eignen sich zur Hervorhebung von wichtigen Wörtern oder kürzeren Textpassagen – längere Textabschnitte sollte man aber mit diesen Arten der Auszeichnung nicht hervorheben, da das zu schlechter Lesbarkeit führt.
  • Das Unterstreichen von Text verschlechtert die Lesbarkeit benachbarter Sätze und sollte nicht eingesetzt werden.

Sonderschriftarten

Schriftarten mit Positionsnummern von IBJ

Konzentrieren Sie sich auf zwei, höchstens drei Schriftarten, die Sie in Ihren Dokumenten verwenden und stellen Sie Regeln auf, die ganz klar den Anwendungsbereich der Fonts festlegen.

Sonderschriftarten kommen im besten Fall gar nicht Einsatz, aber wenn, dann aus gutem Grund. Diesen liefert zum Beispiel die von unserem Partner Marco Jänicke eigens für Technische Illustrationen entwickelte Schriftart für Positionsnummern. Sie vereinfacht die Verwendung von Callouts in Grafiken und bereitet auch in Microsoft Word keine Kopfschmerzen.

Wo kann ich Schriftarten lizenzieren?

Das Internet bietet wie so oft zahlreiche Möglichkeiten an die gewünschten Inhalte zu gelangen. Doch Qualität und Legalität der Angebote sind nicht immer einwandfrei, was besonders beim kommerziellen Einsatz wichtig ist. Schriftarten sind wie Kunst und Literatur geistiges Eigentum und unterliegen dem Urheberrecht. Wir empfehlen daher, dass Sie sich bei der Recherche auf professionelle Plattformen beschränken, wie Google Fonts oder Fontsquirrel. Durch Filter und Schlagwort-Suchen lässt sich die Auswahl der Schriften dort auch gut und bequem eingrenzen.

Der Nutzungsumfang von kommerziellen und kostenlosen Schriften wird vom Anbieter im Lizenztext (EULA) genau definiert. Also prüfen Sie immer, ob die Lizenz die gewünschten Anwendungen beinhaltet, welche Kosten entstehen können und ob auch zukünftige Einsatzbereiche abgedeckt sind.

Typische Lizenzen sind:

  • Desktop-Lizenz: zur lokalen Installation und Nutzung, zum Beispiel zur Gestaltung von Logos und Drucksachen.
  • Webfont-Lizenz: zur Einbettung der Schriften in Websites.
  • App-Lizenz: zur Einbettung der Schriften in Apps.
  • E-Book-Lizenz: zur Einbettung der Schriften in E-Books.
  • Server-Lizenz: zur Nutzung der Schrift durch viele Nutzer über ein zentrales System.
  • OEM-Lizenz: zur Verbreitung des Fonts mit anderen Produkten (zum Beispiel beim Verkauf von Computern).

Bildnachweis:
Adobe Stock und Docuneers

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